Schlagwort: Otto Hetzer

Bauen mit Holz | Entwicklungen, Stand der Dinge, Perspektiven

Auszug aus einem Vortrag von Michael Eyrich-Halbig im Frühjahr 2018

Der Mensch errichtet seit jeher Gebäude aus Holz. Im Mittelalter wurden ganze Städte aus dem natürlichen Rohstoff und Werkstoff gebaut. Die Renaissance des Holzbaus begann Anfang der 1990er Jahre – ein Ende ist nicht abzusehen. Der Holzbau boomt. Holz ist weltweit der einzige nachwachsende Baustoff von Belang. Holz speichert das klimarelevante Kohlenstoffdioxid. Holz hat in Bezug auf die Themen Klimawandel, Treibhauseffekt und Energiewende eine zentrale Bedeutung.

Holz ist vielseitig verwendbar, Holz ist das Symbol für nachhaltiges Bauen.

Wir wissen: die Ressourcen sind begrenzt und Holz vermag die energieintensiven konventionellen Baustoffe in vielen Bereichen ersetzen.

Zudem führten die konsequente Weiterentwicklung spezialisierter Produktionstechniken und digitale Planungsmethoden und Fertigungsmethoden den Holzbau auf eine neue Ebene ressourceneffizienten Bauens.

Insbesondere im deutschsprachigen Raum wurde und wird die Forschung und Entwicklung signifikant vorangetrieben. Die Ergebnisse dieser Anstrengungen sind in zahlreiche Produktentwicklungen und systematisierte Bauweisen eingeflossen. Vor allem in Österreich, in Deutschland und in der Schweiz fanden erste Anwendungen statt.

Ob in großdimensionalen Tragwerken oder mehrgeschossigen Konstruktionen, ob im hybriden Verbund mit anderen Baustoffen oder im Kontext eines integrierten, sozialökologischen Städtebaus: Holz bietet Antworten auf viele wichtige Fragen, die jetzt und in Zukunft von Architektur und Städtebau beantwortet werden müssen.

Die heutigen Möglichkeiten in der architektonischen Entwurfsplanung und ingenieurtechnischen Konstruktionen von Holzbauwerken aller Art sind untrennbar mit zwei Holzbaupionieren verbunden.

Während Otto Hetzer großdimensionale Tragwerke aus Holz ermöglichte, erkannte Konrad Wachsmann die industrielle Dimension, die mit dem Baustoff Holz möglich wurde.

Konrad Wachsmann

  • Konrad Wachsmann suchte zeitlebens nach der idealen Werkstofflösung, um seinen Traum von einer effizienten, industriell-maschinellen vorgefertigten Systembauweise zu realisieren.
  • Studium der Architektur an den Kunstakademien in Dresden und Berlin
  • 1926 Angestellter bei Christoph & Unmack in Niesky (Oberlausitz), damals Europas größte Holzbau- und Maschinenfabrik. Innerhalb kürzester Zeit war Wachsmann bei Christoph &Unmark Chefarchitekt. Die Holzbauten wurden zu dieser Zeit bereits komplett maschinell vorfabriziert, bevor sie in ganz Europa, nach Afrika und auch nach Südamerika und Nordamerika ausgeliefert bzw. exportiert wurden. Wachsmann entwickelte Musterhauskataloge mit modulartigen Konzepten. Sein Ziel: die Holzbauweise so weiterzuentwickeln, dass sie industriell in Serie produziert werden konnte.
  • Niesky bildete zu dieser Zeit das Holzbauzentrum Europas
  • Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten begann das Ende des modernen Holzbaus in Niesky. Bei Christoph & Unmack wurden zu dieser Zeit die Holzbaracken der Konzentrationslager, Feldlazarette und militärische Behausungen konzipiert und errichtet.
  • Nach dem Krieg brach der industrielle Holzbau in der Oberlausitz ein.
  • Konrad Wachsmann, jüdischer Abstammung, emigrierte 1941 mit Hilfe seines Freundes Albert Einstein in die USA.
  • Wachsmanns bekanntester Holzbau ist das Sommerhaus von Albert Einstein in Caputh am Schwielowsee (Potsdam)

Nachkriegszeit

  • Konrad Wachsmann und Walter Gropius gründeten in New York das Holzbauunternehmen General Panel Corporation. Dabei ließen Wachsmann und Gropius ihre definierten Bauelemente in Gänze vollautomatisch produzieren. Ein Novum für die damalige Zeit.
  • Konrad Wachsmann lehrte als Professor in Chicago und entwickelte ein universelles Verbindungselement, den Wachsmannknoten. Auf dieser Basis schuf Wachsmann ein Konstruktionssystem für großvolumige freitragende Hallenbauten, zum Beispiel Flugzeughangars.
  • Zigfach geehrt und mit weltweit bedeutenden Architekturpreisen ausgezeichnet starb Konrad Wachsmann am 26. November 1980 in Los Angeles.

Vorfertigung und Systematisierung

Der moderne Holzbau des 21. Jahrhunderts fußt in wesentlichen Kernbereichen auf den Ideen und Lösungen von Konrad Wachsmann. Die industrielle Vorfertigung sämtlicher Bauteile in großen Stückzahlen in gleichbleibend hohen Bauqualitäten sowie die weitestgehende Systematisiserung des Holzbaus hat seinen Ursprung in Niesky.

Otto Hetzer

  • Tragwerke für Ingenieur-Holzbau – hierfür zeichnete sich Otto Hetzer verantwortlich, der die Hetzer-Binder entwickelte; heute bekannt als Brettschichtholzbinder (Leimholzbinder) >> Hetzerhalle.
  • 1906 erhielt Hetzer ein Patent für die Erfindung gebogener und verklebter Holzbauteile
  • Spannweiten von über 40 Meter waren zum damaligen Zeitpunkt kein Problem mehr.
  • Durch die Entwicklung neuer Verbindungstechniken wie Nägel, Stabdübel, Sonderdübel, Stahlblechformteile sowie eingeklebte Gewindestangen sind heute Spannweiten von weit über 100 Meter realisierbar.

Resümee

Holz ist konkurrenzfähiger denn je. Der Holzbau von heute steht gleichberechtigt neben seinen Mitbewerbern Stahl und Beton. Der Holzbau kann sich sowohl unter ästhetischen und funktionalen als auch unter wirtschaftlichen Aspekten mit den konventionellen Bauweisen messen.

Bei mehreren europäischen Großprojekten der jüngsten Zeit, die materialneutral ausgeschrieben und von Bauherren auf rein ökonomischer Ebene entschieden wurden, konnte sich der Holzbau beispielsweise gegenüber dem Stahlbau durchsetzen.


Die Fotos in diesem Beitrag entstammen der Ausstellung BAUEN MIT HOLZ WEGE IN DIE ZUKUNFT im Martin-Gropius Bau von Oktober 2016 bis Januar 2017 in Berlin. Dort wurden Modelle weltweit realisierter Bauten in Holz gezeigt.